Studie: Schilddrüsentests im Blut sind unzuverlässig

1986 untersuchten 3 Ärzte in einer prospektiven Studie insgesamt 148 Hypothyreose-Patienten, die eine T4-Monotherapie erhielten, mit dem Ergebnis, dass die üblichen Bluttests von TSH, fT3,  T3 und fT4, T4 nicht fehlerfrei anzeigen können, ob der Patient über- oder unterdosiert mit Schilddrüsenhormonen ist.

Die Ärzte benutzten zur klinischen Beurteilung der Hypothyreose-Patienten einen veränderten Wayne Clinical Diagnostic Index, mit dem anhand von Zahlen die Symptome der Patienten bewertet werden.

Die Durchschnitts-Dosierungen mit T4 variierten während der Studie zwischen 50 mcg und 300 mcg täglich und es wurden keine den Stoffwechsel verlangsamenden Medikamente eingenommen wie zb. der Wirkstoff Propanolo.

Wayne Clinical Diagnostic Index

Wie dieses Kompendium “Clinical scoring scales in thyroidology” – 2011 erschienen im “Indian Journal of Endocrinology and Metabolism”- sehr schön zeigt, gab es früher mehrere Scores (Wayne´s Score, Billewicz Score, Zulewski Score, TSQ-Fragebogen), mit denen Ärzte vor der Erfindung von Bluttests eine Schilddrüsenunter- oder überfunktion diagnostizieren konnten. Dabei wurden verschiedene Symptome und Anzeichen anhand von Zahlenwerten ausgewertet.

Wie das Kompendium weiter schreibt, kennen heutige Mediziner diese Scoring-Methoden leider nicht mehr, da sie aus den aktuellen Medizin- und Chirurgie-Büchern verschwunden sind.

Durch obiges Kompendium hofft man, dass die verschiedenen Scoring-Methoden aus früheren Zeiten in der klinischen Beurteilung von Schilddrüsenpatienten wieder neuen Platz bekommen, was dringend nötig ist, wie man anhand der Studie über die unzuverlässigen Bluttests der Schilddrüse erkennen kann.

Supprimierter TSH

Unter den 148 Patienten obiger Studie wurden 108 Patienten als klinisch normal eingestuft durch den Wayne Clinical Diagnostic Index. Dies bedeutet, dass diese Patienten genug T4 erhielten, um frei von Symptomen einer Schilddrüsenunterfunktion zu sein.

Interessanterweise hatten jedoch 53 dieser Patienten (49 %) einen supprimierten TSH-Wert.

Die meisten Ärzte würden diese supprimierten TSH-Werte als Beweis sehen, dass die Patienten in einer Überfunktion sind und würden ihre Patienten anhalten, die T4-Dosis deswegen zu senken, damit sich der TSH-Wert wieder normalisiert. Obwohl die Patienten klinisch normal waren und obwohl sie keinerlei Symptome einer Überfunktion aufweisen, trotz des supprimierten TSH-Wert.

Durch eine Senkung der T4-Dosis jedoch würden diese Patienten wahrscheinlich sehr schnell wieder Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion entwickeln und sich damit einem erhöhten Risiko für Krankheiten aussetzen, die mit einer Schilddrüsenunterfunktion einhergehen, wie zB. diese Studie aus 2016 zeigt: “T4-Monotherapie ist potentiell schädlich bei Schilddrüsenunterfunktion.”

Unter den 148 Patienten waren insgesamt 18 Patienten, die nach dem Wayne Clinical Diagnostic Index als hypothyreot eingestuft wurden, das heisst, sie nahmen zu wenig T4, um alle Symptome ihrer Schilddrüsenunterfunktion zu verlieren.

Dennoch hatten 3 dieser 18 Patienten (17%) auch einen supprimierten TSH-Wert.

Die meisten Ärzte hätten diese Patienten angewiesen, ihre T4-Dosis weiter zu senken, damit der TSH-Wert sich normalisiert. Dies hätte jedoch zur Folge gehabt, dass sich die Symptome dieser Patienten weiterhin verschlechtert hätten.

Stellen Ärzte also ihre Patienten ausschließlich nach TSH-Wert ein, verschlimmern sie dadurch das Leid für eine Vielzahl von Patienten.

Natürlich raten einige Endokrinologen dazu, auch das freie T4 bei der Schilddrüseneinstellung zu bestimmen.

Jedoch auch die freien Schilddrüsenwerte fT4 und fT3 führen oft zu einer falschen Interpretation der Schilddrüseneinstellung des Patienten.

fT4 über dem Referenzbereich

Die Studie zeigte nämlich, dass bei den 18 klinisch hypothyreoten Patienten, also Patienten, die lt. dem Wayne Clinical Diagnostic Index noch zu wenig T4 einnahmen und deswegen weiterhin unter Symptomen einer Schilddrüsenunterfunktion litten, nicht nur der supprimierte TSH-Test falsch interpretiert würde sondern auch der zu hohe fT4-Wert.

Bei 4 der 18 Patienten (22%) lag das freie T4 über der Obergrenze des Referenzbereiches. Diese Patienten benötigten mehr Schilddrüsenhormone, jedoch aufgrund des TSH-Wertes und des erhöhten fT4-Wertes würden Ärzte die Dosierung dieser Patienten senken und somit auch die Symptome dieser Patienten trotz hohem fT4-Wert noch verschlimmern.

Die Studie wurde ursprünglich gemacht, um neue Referenzbereiche für die Schilddrüsenfunktion zu erhalten für Patienten, die Thyroxin erhalten, da lt. Studie die Schilddrüsenwerte unter einer T4-Substitution anders zu bewerten sind als bei gesunden Personen ohne T4-Ersatz.

Schlußfolgerung der Studie

Abschließend stellte die Studie fest, dass man nicht anhand der Blutwerte: TSH, T4, T3, fT4 und fT3 entscheiden kann, ob eine Überdosierung oder Unterdosierung der Schilddrüsenhormone vorliegt, außer es liegen sehr grobe Anomalien vor.

Die Studienersteller weisen darauf hin, dass Bluttests der Schilddrüse daher in den meisten Fällen eingestellt werden sollten, und damit eine Menge sinnlose Steuer-Gelder für die Labortests eingespart werden könnten.

Leider interessieren sich Ärzte nicht für Studien, sie haben unter heutigen Kassen-Restriktionen keine Zeit für das Studium von Studien. Stattdessen unterwerfen sie sich der sinnlosen Tyrannei des TSH-Wertes – auf Kosten von uns Schilddrüsenpatienten.

Dr. John C. Lowe benutzte daher nur am Anfang einer Schilddrüsen-Diagnostik Blutwerte, jedoch führte er immer auch eine umfangreiche Erstanamnese anhand von Symptomen, Pulsdiagnostik, Blutdruck, weiteren Blutwerten wie zB. erhöhtem Cholesterin, der Basaltemperatur nach Dr. Broda Barnes, Bestimmung der RMR und einem Elektrokardiogramm (EKG) durch, bevor er Entscheidungen über Dosierungen von Schilddrüsenhormonen fällte.

Quellen

Studie: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1341585/

Kompendium: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3169861/

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